Gehilfe ist nur, wer den Täter bewusst fördert. Der Gehilfe muss den Sachverhalt kennen, der den Vorwurf gesetzwidrigen Verhaltens begründet oder zumindest eine diesbezügliche Prüfpflicht verletzt haben. Seine Kenntnis, dass das Verhalten gesetzwidrig ist, ist keine Voraussetzung wettbewerbswidrigen Handelns. Der Kenntnis der Tatumstände kommt ein vorwerfbares Nichtkennen gleich. Die Prüfpflicht ist nach der Rechtsprechung auf grobe und auffällige Wettbewerbsverstöße beschränkt.

OGH 4Ob159/10a vom 05.10.2010 – camelbase.at


Der Oberste Gerichtshof hat durch … in der Rechtssache der klagenden Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Johannes P. Willheim, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 40.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 29. Juli 2010, GZ 2 R 43/10y 22, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 30. Dezember 2009, GZ 10 Cg 162/09t 17, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Rekursgericht verbot der Beklagten mittels einstweiliger Verfügung, Werbung für Tabakerzeugnisse, insbesondere für Zigaretten der Marke „Camel“, zu organisieren, indem sie einen Internetdienst unter der Bezeichnung „www.camelbase.at“ betreut und Eventpromotionsaktivitäten unter der Bezeichnung www.camelbase.at oder nur „camelbase“, insbesondere durch die Herstellung sowie das Aufstellen diverser Eventeinrichtungen, auf denen der Schriftzug mit der Bezeichnung „camelbase“ und/oder ein Logo abgebildet ist, das jenes gezeichnete Dromedar enthält, das auch auf den Zigarettenpackungen der Marke „Camel“ abgebildet ist, durch die Präsenz von Promotoren für das Online und Eventangebot „www.camelbase.at“, die mit Kleidung und Accessoires ausgestattet sind, auf denen prominent das Logo der Zigarettenmarke „Camel“ angebracht ist und ein Schriftzug „camelbase“ geführt wird, durchzuführen.
Strittig ist nur mehr die Haftung der Beklagten als Gehilfin für die vom Zigarettenhersteller und dem von ihm beauftragten Werbeunternehmen begangenen Wettbewerbsverstöße.
Für ein wettbewerbswidriges Verhalten eines anderen hat jeder einzustehen, der den Wettbewerbsverstoß durch sein eigenes Verhalten fördert oder überhaupt erst ermöglicht hat (RIS Justiz RS0079462). Das Handeln eines selbständigen Unternehmers im (entgeltlichen) Auftrag eines anderen schließt seine wettbewerbsrechtliche Haftung als Gehilfe für Handlungen des auftraggebenden Störers grundsätzlich nicht aus (RIS Justiz RS0111524).
Gehilfe ist jedoch nur, wer den Täter bewusst fördert (RIS Justiz RS0031329). Der Gehilfe muss den Sachverhalt kennen, der den Vorwurf gesetzwidrigen Verhaltens begründet oder zumindest eine diesbezügliche Prüfpflicht verletzt haben (4 Ob 140/06a; RIS Justiz RS0031329 [T8]; 6 Ob 274/08z). Seine Kenntnis, dass das Verhalten gesetzwidrig ist, ist keine Voraussetzung wettbewerbswidrigen Handelns (4 Ob 20/97p mwN). Der Kenntnis der Tatumstände kommt ein vorwerfbares Nichtkennen gleich (4 Ob 221/03h; 9 ObA 113/07v; 4 Ob 194/07v). Die Prüfpflicht ist nach der Rechtsprechung auf grobe und auffällige Wettbewerbsverstöße beschränkt (4 Ob 50/07t ua; RIS Justiz RS0031329 [T10]).
Diesen Grundsätzen der Rechtsprechung folgt das Rekursgericht, wenn es die Haftung der Beklagten in diesem Fall als Gehilfin für die von der Zigarettenherstellerin und einem von ihr beauftragten Werbeunternehmen begangenen Wettbewerbsverstöße bejaht. Die Wettbewerbswidrigkeit des Verhaltens der unmittelbaren Täterin ergibt sich daraus, dass die Verwendung des „camelbase“ Logos und die Bezeichnung „camelbase.at“ offenkundig dazu dient, eine positive Stimmung für die Zigarettenmarke „Camel“ zu erzeugen und damit verbotene Werbung für Tabakerzeugnisse zu betreiben. Die vom Werbeunternehmen in einem Parallelverfahren vertretene Auffassung, wonach die Tätigkeit des dort beklagten Werbeunternehmens gemäß § 11 Abs 2 TabakG vom Werbeverbot ausgenommen sei, weil andere Unternehmen die originalen „Camel“ Zeichen vor Inkrafttreten des Werbeverbots für Tabakerzeugnisse für tabakfremde Erzeugnisse benutzt hätten, hat der Oberste Gerichtshof als unvertretbare Rechtsansicht beurteilt (4 Ob 14/10b). Es bildet keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Rekursgericht aus der als bescheinigt angenommenen Tätigkeit der Beklagen (Programmierung und laufende Aktualisierung der Website „www.camelbase.at“) den Schluss zieht, dass der Beklagten bewusst war (ihr die Kenntnis zu unterstellen ist), dass der Name bzw die Marke „Camel“ auf die Zigarettenmarke „Camel“ hinweisen und damit Werbung für Zigaretten betrieben wird, sodass der Beklagten jener Sachverhalt bekannt ist, der das gesetzwidrige Verhalten (Verstoß gegen das Tabakwerbeverbot) begründet.
Aufgrund der Offenkundigkeit des Verstoßes gegen das Tabakwerbeverbot durch jene Tätigkeiten, an denen die Beklagte mitwirkte bzw die sie förderte, kann sie sich von vornherein nicht darauf berufen, sie habe von den die Gesetzwidrigkeit begründenden Tatumständen keine Kenntnis gehabt und eine allfällige Prüfpflicht wäre auf grobe und auffällige Wettbewerbsverstöße beschränkt. Das Vertrauen auf das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands ohne konkrete Anhaltspunkte oder vorangegangener eigener Prüfung beides behauptet die Beklagte nicht einmal genügt nicht.

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